NATO Werbung im Schatten der US-Wahlen

 

Nur Stunden nachdem der Wahlausgang (aller Wahrscheinlichkeit) bekannt wurde, titelte der Tagesanzeiger (TA) Das bedeutet der Trump-Triumph für die Welt – News International: Amerika.*

Darin schreiben die Autoren Sandro Benini und Markus Diem Meier:

Er [Trump] stellt selbst die Nato in Frage und hat versprochen, das finanzielle Engagement der USA für die Organisation zurückzufahren. Dadurch droht eine globale Unsicherheit von ungeahntem Ausmass.

Ich gebe den Autoren völlig Recht, dass  eine  “globale Unsicherheit von ungeahntem Ausmass” herrscht mit der Wahl des “Horror Clowns” (TAZ), doch sicher nicht weil der wahrscheinlich neue Präsident möglicherweise die NATO finanziell weniger unterstützen sollte.  Denn gerade die NATO Osterweiterung ist Ursache der Spannungen mit Russland und eine der wenigen Pluspunkten von Trump gegenüber Hillary war seine weniger kriegerisch-aggressive Haltung gegenüber Russland. Eine Reduktion der NATO weltweit hat den gegenteiligen Effekt: weniger Rüstungswettlauf, mehr Diplomatie, mehr Frieden.

Es besteht die Gefahr, dass der neue US-Präsident seinem russischen Amtskollegen bei dessen imperialen Machtstreben freie Hand lässt und sich Putin ermutigt fühlt, Syrien vollends unter seine Kontrolle zu bringen und seinen Einfluss in den baltischen Staaten und im übrigen Osteuropa auszuweiten.

Dabei übersehen die Autoren geflissentlich, dass Assad Russland um Hilfe bat (was rechtmässig ist) , dass die Einmischung der USA keine legitime Grundlage hat, dass die USA Al Qaeda ähnliche Gruppen unterstützen, nur um Assad zu stürzen und dass die USA eine Pipeline durch Syrien bauen wollen, um Russlands Gaseinnahmen zu torpedieren. Die NATO-Osterweiterung — ein imperiales Machtstreben der USA — scheinen die Autoren ebenso wenig zu erkennen wie die US-Militärbasis Camp Bondsteel im Herzen des Balkans (Kosovo), die nebenbei die zweitgrösste weltweit ist.

Da der Artikel in erster Linie über die Folgen der Wahlen zu berichten vorgibt, werden diese Verdrehungen dem unkritischen Leser wohl kaum auffallen.

Faktenresistenz und -Verdrehung scheinen nicht nur USA in Mode zu sein …

 

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